Alexej NawalnyWir können zum Tod von Alexej Nawalny nur wenige Informationen beisteuern. Er war in ein Lager für Strafgefangene (IK-3) in der Gemeinde Charp im Autonomen Kreis der Jamal-Nenzen verlegt worden (siehe Karte). Die Region liegt im nord-westlichen Teil Sibiriens und besitzt wohl bedeutende Vorkommen an Erdgas und Rohöl. Die Gegend ist äußerst dünn besiedelt, der Ort Charp hat etwa 6.500 Einwohner und liegt nördlich des Polarkreises. Die Bewohner der Region sind zum überwiegenden Teil Russen, die Namensgeber der Region, die Nenzen, stellen gerade mal neun Prozent der Bevölkerung.

Vitaly WotanowskiIn den aktivsten Gruppen der russischen Kriegsgegner befinden sich Unterstützer von Alexej Nawalny. Einer der wichtigsten Ideengeber bei der Suche nach den Opfern des russischen Angriffskrieges war der ehemalige Berufsoffizier Vitaly Wotanowsky. (Foto rechts: Putin: Es gibt nicht genug Gift für uns alle) Er besuchte systematisch die Friedhöfe der Region Krasnodar, fand  dabei auch den größten Wagner-Friedhof Russlands und dokumentierte auf diese Weise, dass ein großer Teil der russischen Kriegstoten verborgen wurde. Auch Vitaly Wotanowski stand den Nawalny-Aktivisten nahe oder war Teil davon, hat aber aus Sicherheitsgründen Russland inzwischen verlassen. 

Zu den Unterstützern von Nawalny gehört auch Semjon Kotschkin, der für die Region Tschuwaschien diverse Informationsquellen veröffentlicht. Er führt eine Liste aller dortigen Kriegstoten, gehört ebenfalls zum weiten Kreis der Nawalny-Unterstützer, musste sich aber ebenfalls ins Ausland absetzen.

Die Erklärung des Telegramkanals von Vitaly Wotanowski zum Tod von Nawalny:

Am 16. Februar gab der Föderale Strafvollzugsdienst des Autonomen Kreises der Jamal-Nenzen den Tod des Politikers Alexej Nawalny bekannt . Wie es in der Erklärung heißt, fühlte er sich nach einem Spaziergang unwohl und verlor das Bewusstsein. Danach stellten Notärzte seinen Tod fest.

Die Familie des Politikers hat sich noch nicht dazu geäußert, die Mitteilung des Bundesstrafvollzugsdienstes zu bestätigen oder dementieren. Nawalnys Team berichtete , dass es noch keine bestätigten Informationen über Nawalnys Tod habe. Der Anwalt des Politikers flog in die IK-3-Kolonie.

Nawalny starb genau einen Monat vor den „Wahlen“ des russischen Präsidenten, die vom 15. bis 17. März stattfinden sollen. Das Russland-Team von Transparency International geht davon aus, dass es sich bei dem Tod des Politikers um einen von den russischen Behörden inszenierten Mord handelt. Wir wissen nicht, ob es direkt oder indirekt war, aber eines ist klar: Putin sah selbst in dem erschöpften Mann, den er zum Schweigen zu bringen versuchte, indem er ihn mehr als 20 Jahre lang einsperrte, eine Bedrohung für sich selbst.

Die russischen Behörden sind für seinen Tod verantwortlich, und trotz der Bemühungen der russischen Gesellschaft, ihn zu retten, konnten wir ihn nicht retten. Das ist eine große Tragödie für uns alle. Aber das bedeutet nicht, dass wir verzweifeln sollten. Im Gegenteil: Wir dürfen auf keinen Fall aufgeben. Da Nawalny nun nicht mehr unter uns ist, können wir weder auf seine Hilfe noch auf seine Bereitschaft zählen, sein Leben für die gemeinsame Freiheit zu riskieren. Jetzt liegt es in unserer Verantwortung, uns selbst und einander zu helfen, in seinem Andenken und für unser eigenes Wohlergehen.

Wir sprechen der Familie und den Angehörigen von Alexej Nawalny unser Beileid aus. Das Transparency-Team fordert die internationale Gemeinschaft und Menschenrechtsaktivisten auf, eine unabhängige und objektive Untersuchung des Todes von Alexej Nawalny zu erreichen, um den Tätern einen fairen Prozess zu ermöglichen.

TschuwaschenAuf dem Telegram-Kanal "Wütende Tschuwaschen" (Logo rechts) gibt es aktuell folgende Stellungnahme:

Erklärung von „Wütendes Tschuwaschien“ im Zusammenhang mit der Ermordung von Alexej Nawalny

In Russland kommt es regelmäßig zu politischen Attentaten. Das Putin-Regime hat bereits die Journalistin Anna Politkowskaja, den Dissidenten Alexander Litwinenko, den Politiker Boris Nemzow und viele andere getötet. Heute hat Putin seinen Hauptgegner, Oppositionsführer und Symbol des freien Russlands Alexei Anatoljewitsch Nawalny getötet.

Der plötzliche Tod einer Person innerhalb der Mauern einer Justizvollzugskolonie ist immer Mord. Die Verantwortung für Leben und Gesundheit der verurteilten Person liegt beim gesamten System. Diese Regel gilt auch für gewöhnliche unpolitische Gefangene. Alexej Nawalny war kein gewöhnlicher Gefangener, sondern der berühmteste und einflussreichste politische Gefangene der Welt.

Putin hat bereits versucht, ihn mit Chemiewaffen zu töten. Dann überlebte Alexey, wurde in einer deutschen Klinik rehabilitiert, bewies den Anschlag auf sein eigenes Leben, veröffentlichte eine Untersuchung über Putins Palast und kehrte dann nach Russland zurück. Weil er vor nichts und niemandem Angst hatte. Weil er seine Heimat liebte und an sein Volk glaubte. Weil er nicht anders konnte.

Wir wissen, wer schuldig ist. Wir werden nicht vergessen und wir werden nicht vergeben. Wir werden Nawalnys Erbe nicht verraten. Politische Gefangene werden freigelassen. Putin und alle seine Komplizen werden für ihre Verbrechen zur Rechenschaft gezogen.

Das ist ein irreparabler Verlust. Wir trauern als Team. Unser Beileid gilt der Familie von Alexey Anatolyevich.